SNB lüftet Schleier über Schweizer Goldschatz
Unter dem Druck der SVP-Goldinitiative bricht die Nationalbank mit einem Tabu: Sie gibt erstmals bekannt, wo ihre Goldreserven gebunkert sind.
Wo bunkert die Nationalbank ihr Gold? Präsident Thomas Jordan wählte die Generalversammlung der Notenbank, um eines der bestbehüteten Geheimnisse zumindest teilweise zu lüften
70 Prozent in der Schweiz, 20 Prozent in England und 10 Prozent in Kanada. Bisher hatte die Schweizerische Nationalbank (SNB) hartnäckig gemauert, wenn es um die Frage ging, wo die 1040 Tonnen Gold liegen, die der Notenbank als Reserve dienen. Selbst der Bundesrat wurde im Ungewissen gelassen. «Wo diese Goldbarren genau liegen, kann ich Ihnen leider nicht sagen, weil ich es auch nicht weiss, es nicht wissen muss und es nicht wissen will», sagte 2003 der damalige Finanzminister Kaspar Villiger.
Sein Nachfolger Hans-Rudolf Merz räumte sechs Jahre später immerhin mit einer Legende zum SNB-Gold auf, als er sagte: «Es ist nicht verschwunden, es liegt auch nicht in der Tiefe des Bundesplatzes, wie gelegentlich etwa kolportiert wird.»
Gold in England und Kanada jederzeit verfügbar
SNB-Präsident Thomas Jordan wählte nun die Generalversammlung der Notenbank, um eines der bestgehüteten Geheimnisse zumindest teilweise zu lüften. Vor den Aktionären im Berner «Casino» gab der oberste Währungshüter heute bekannt, dass gut 70 Prozent der Goldreserven in der Schweiz gelagert sind. Bei der Zentralbank von England liegen rund 20 Prozent und bei der kanadischen Notenbank etwa 10 Prozent. Jordan machte weiter darauf aufmerksam, dass der SNB-Goldschatz seit über zehn Jahren ausschliesslich in diesen drei Ländern gelagert wird. «Die Verfügbarkeit unserer Goldbestände ist jederzeit voll gewährleistet», versicherte der SNB-Präsident.
Bundesrat und Nationalbank hatten die Geheimniskrämerei bisher mit Sicherheitsüberlegungen begründet. Das nährte umgekehrt Spekulationen und Befürchtungen, die Schweiz könnte durch das im Ausland liegende Gold erpressbar werden. Kritisch wurde vor allem die vermutete Lagerung von Gold in den USA kommentiert. Die Amerikaner könnten bei Konflikten wie im Falle des Steuerstreits die Hand auf das Schweizer Gold legen, hiess es. Die Nachricht, dass die USA eine Inspektion der in New York lagernden Goldbestände verweigerten, schürte zusätzliche Unruhe. Die Aussagen Jordans machen nun aber deutlich, dass die Nationalbank seit über zehn Jahren keine Goldbarren mehr bei der US-Notenbank lagert.
Goldinitiative würde Mindestkurs und UBS-Rettung verunmöglichen
Das ist vor allem eine Antwort an die Initianten der kürzlich zustande gekommenen Volksinitiative «Rettet unser Schweizer Gold!». Sie hatten bei der Einreichung der Unterschriften im vergangenen März noch vermutet, dass ein beträchtlicher Teil der Goldreserven in den USA liege. Die eigentlichen Ziele dieser aus SVP-Kreisen lancierten Initiative stossen bei der Nationalbank allerdings nicht auf Gegenliebe.
Im Gegenteil: Jordan warnte mit deutlichen Worten vor der Verpflichtung, dass die Nationalbank mindestens 20 Prozent ihrer Aktiven in Gold halten müsse. «Ein hoher Goldanteil ist kein Garant für Preisstabilität», mahnte Jordan laut Redetext. Kontraproduktiv sei zudem das Verbot, Gold zu verkaufen. Die Flexibilität und die Handlungsfähigkeit der Nationalbank würden eingeschränkt. «Entscheidungen wie die Einführung des Mindestkurses oder die Stabilisierung der UBS wären unter solchen Bedingungen wohl kaum so getroffen worden», sagte Jordan.
Keine Rückführung des Goldes in die Schweiz
Auch an eine Rückführung der im Ausland liegenden Goldreserven – eine weitere Forderung der Initiative – denkt Jordan nicht. Zwar habe die Art der Lagerung keine unmittelbaren Folgen für die Geldpolitik. Die Risikodiversifikation spreche aber nach wie vor für eine dezentrale Lagerung der Goldreserven im In- und Ausland. Für die Wahl des Standortlands entscheidend seien eine hohe politische und wirtschaftliche Stabilität sowie der Immunitätsschutz der Anlagen der Zentralbanken.
Quelle: www.20min.ch